Lernortkooperationen

Das Ausbildungskonzept der BBS III Mainz ist geprägt durch Flexibilität, eine hohe Differenzierung und eine intensive Kooperation der Lernorte. Zukunftsorientierte Ausbildung im dualen System bedingt, dass sich aus dem Nebeneinander der Lernorte eine echte Verzahnung entwickelt. Das kooperative Handeln zwischen den Ausbildungspartnern umfasst die Ebenen des Informierens und Abstimmens ebenso, wie die des echten Zusammenwirkens.

Die Lernortkooperation wird umgesetzt z. B. durch Mitarbeit in Prüfungsausschüssen, Teilnahme an Ausbilderstammtischen, Gespräche mit Ausbildungsbeauftragten bei Disziplin- oder Leistungsproblemen usw. Als Ausbildungsschule haben wir aber auch ein pädagogisches Interesse an einer engen Zusammenarbeit mit den Ausbildungsbetrieben.
Nur eine enge und vertrauensvolle Kooperation mit unseren dualen Partnern versetzt uns in die Lage, unseren Auszubildenden den Erwerb der Kompetenzen zu ermöglichen, mit denen sie heute und in der Zukunft im Berufsleben bestehen können. An der BBS III Mainz findet Lernortkooperation in unterschiedlichen Ausbildungsberufen und in verschiedensten Ausprägungen statt. Auf die Leitfragen: „Was will Lernortkooperation?“ und „Wie kann die Ausbildung unserer Auszubildenden verbessert werden?“ wurden folgende Kooperationsschwerpunkte formuliert:

1. Praxisorientiertes Lehren und Lernen
– Reglemäßige Aktualisierung der Lerninhalte
– Praxisnahes und zukunftsorientiertes Lehren und Lernen
– Entwicklung von Lernaufgaben, Lernarrangements, gemeinsame Projekte
– Kompetenzorientierung und Ganzheitliches Lernen

2. Inhaltliche und zeitliche Abstimmung der Ausbildung
– Regelmäßige Kontakte, Kooperation Schule/Betrieb/Kammer
– Abstimmung der Lerninhalte der Schule mit den Ausbildungsinhalten der Betriebe
– Erfahrungsaustausch über aktuelle Probleme
– Evaluation und Erfolgskontrolle

3. Faire Regeln der Zusammenarbeit
– Gegenseitige Akzeptanz
– Offener Informationsaustausch
– Chancengleichheit der Partner

4. Einbindung der Auszubildenden
– Auszubildende im Mittelpunkt der Kooperationsaktivitäten
– Motivationssteigerung

5. Gegenseitige Unterstützung
– Betriebspraktika für Lehrkräfte
– Gegenseitiges Ergänzen und Qualifizieren (gemeinsame Fortbildungen)
– Gegenseitiger Einblick Schule – Betrieb
– Sponsoring (konkrete Förderung von Unterrichtsprojekten)
Lernortkooperation findet konkret und effektiv auf der Ebene der einzelnen Ausbildungsberufe statt. Weitergehende berufsbezogene Informationen sowie Ansprechpartner/innen zur Lernortkooperation finden Sie auf den Seiten der entsprechenden Ausbildungsberufe.

Arbeitskreis LOK Industrie Mainz

Seit mehr als 20 Jahren wird Lernortkooperation im Ausbildungsberuf Industriekaufmann /-frau in unterschiedlicher Intensität durchgeführt. Während des Modellversuchs „Lernortkooperation zur Umsetzung ganzheitlichen Lernens“ wurden erstmals konkrete Zielsetzungen formuliert und die Zusammenarbeit zwischen Berufsschule und Ausbildungsbetrieben auf eine institutionelle Basis gestellt.

Zur Sicherung der Nachhaltigkeit und organisatorischen Durchführung der Kooperationsaktivitäten wurde eine Arbeitsgruppe gegründet, die auf folgender Grundlage arbeitet:

  • Die Geschäftsführung liegt bei je einem Vertreter der Berufsschule und der Ausbildungsbetriebe.
  • Es werden regelmäßig, alle vier bis sechs Monate, Arbeitssitzungen durchgeführt, die abwechselnd in der Berufsschule und in einem Ausbildungsbetrieb stattfinden.
  • Die Sitzungen werden vom jeweiligen Gastgeber protokolliert.
  • Fallweise und projektbezogene Kontakte zwischen Lehrern und Ausbildern sowie zwischen den Ausbildern unterschiedlicher Ausbildungsbetriebe sind erwünscht und werden u.a. auf den Arbeitssitzungen der Gruppe vereinbart.

Seit 1995 fanden regelmäßig Arbeitssitzungen statt, auf denen sowohl die konzeptionellen Grundlagen einer lernortintegrierenden Ausbildung als auch eine Fülle von Einzelprojekten und –maßnahmen angeregt, diskutiert, organisiert und kritisch reflektiert wurde. Es entwickelte sich dabei eine Arbeitsatmosphäre, die durch konstruktive Offenheit, gegenseitiges Verständnis und ein unkompliziertes, zielgerichtetes Miteinander geprägt ist und weit über den rein dienstlichen Aspekt hinausgeht.

Kompetenzschwerpunkte

Im Verlauf ihrer Arbeit entwickelte die Gruppe eine lernortintegrierende Ausbildungskonzeption, in der im Rahmen der einzelnen Lernfelder „Ausflüge in die Realität“ (z.B. Betriebserkundungen) durchgeführt werden.
Das beschriebene Konzept ist eine Idealvorstellung. In Laufe der Zeit hat sich herausgestellt, dass es bisweilen nur schwer bzw. nur in Teilen realisierbar ist. Alle Beteiligten sind sich jedoch darüber einig, dass ein solcher Orientierungsrahmen für die Planung und Durchführung einer optimierten Ausbildung unverzichtbar ist.

Eine große Herausforderung für den „Arbeitskreises Industrie“ war die konkrete Umsetzung der seit 01. August 2002 gültigen neuen Ausbildungsordnung „Industriekaufmann /-frau“ in Schule und Betrieb. Neue pädagogische Schwerpunkte (Lernfeldkonzeption, Geschäftsprozessorientierung, Einsatz einer integrierten Software im Unterricht) erforderten – und erfordern auch in Zukunft – eine enge Zusammenarbeit aller Beteiligten.
Es gibt also viel zu tun. Gemeinsam werden wir es schaffen!

Die Kooperationspartner verständigten sich gleich zu Beginn der gemeinsamen Arbeit darauf, eine die gesamte Ausbildungszeit umfassende Konzeption zu entwickeln, die folgenden Kriterien genügen sollte:

Ganzheitlichkeit

Grundlage der gesamten inhaltlichen Arbeitet bildet der auf dem KMK-Rahmenlehrplan basierende Arbeitsplan der BBS III für Industriekaufleute. Die Arbeitsgruppe war sich darüber einig, dass neben der Integration der Unterrichtsinhalte in den Lernfeldern eine möglichst weitgehende und durchgängige Abstimmung zwischen den Lernorten erfolgen muss. Dies bedeutet, dass – im Idealfall – die entsprechenden betrieblichen Ausbildungsabteilungen von den Azubis unmittelbar vor der Behandlung der Lerninhalte in der Schule durchlaufen werden sollen (Abstimmung der betrieblichen Ausbildungspläne mit den schulischen Arbeitsplänen). Darüber hinaus soll ein sinnvoller Wechsel der Lernorte den ganzheitlichen Charakter der Lernprozesse verstärken: Schule (Schulklassen einschließlich Lehrer) geht in die Betriebe, betriebliche Vertreter kommen in die Schule. Schließlich wurde festgelegt, dass alle Überlegungen und Festlegungen mit Blick auf die gesamte Ausbildungsdauer erfolgen sollen.

Induktive Erschließung der Lerninhalte

Mit der geforderten Platzierung praktischer Erfahrungen vor der theoretischen Erarbeitung wird ein zweites Gestaltungskriterium für eine lernortintegrierende Ausbildungskonzeption deutlich: Wann immer es möglich und vertretbar erscheint , sollen die Lerninhalte induktiv, d.h. durch Begegnung mit der realen Betriebssituation erschlossen werden. Dies wird vor allem durch den Zeitpunkt von Betriebsbesichtigungen, Betriebserkundungen, Durchlauf von betrieblichen Ausbildungsabteilungen usw. sichergestellt. Die dabei gewonnene Anschaulichkeit konkreter Sachverhalte und Situationen dient im folgenden Unterricht als „Beispiel-Anker“ und Motivationspotential. Sie wird ergänzt und ggf. ersetzt durch didaktisch modellierte „Realität“ innerhalb der Modellunternehmung (Harry Holzwurm OHG).

Kompetenzschwerpunkte

Im Rahmen des Methodenseminars werden einzelne Methoden- und Sozialkompetenzen gezielt grundgelegt und eingeübt (Basistraining). Die so erarbeiteten Kompetenzen finden in nachfolgenden Projekten wiederholte Anwendung, werden verfestigt und optimiert (Methodenpflege).

Progression

Durch den Grundsatz der Progression soll sichergestellt werden, dass die Erreichung der angestrebten Lernerfolge und Kompetenzen sukzessive realisiert wird. Inhaltliche und methodische Anforderungen werden konzeptionell an den individuellen Fähigkeiten der Auszubildenden, der Lerngruppe sowie am Zeitpunkt innerhalb des Ausbildungsprozesses orientiert. Konkret bedeutet dies, dass sowohl die äußere Form der durchgeführten Projekte als auch die in den einzelnen Projekten selbst vorgegebene Gliederung, Detaillierung und Ausformulierung der Arbeitsaufträge sowie die angebotenen Hilfestellungen zunehmend offener werden: Beginnend mit sehr eng begrenzten Aufgabenstellungen (Betriebsbesichtigung, Betriebserkundung, Lerninsel) erhalten die Lernenden mit fortschreitender Ausbildungsdauer zunehmend eigene, auch unkonventionelle Lösungsspielräume (Lernaufgaben) bis schließlich eine reale Situation nur noch dargestellt wird, die Probleme und die daraus resultierenden Aufgabenstellungen von den Auszubildenden selbst erkannt, formuliert und in Form von Lösungsvorschlägen materialisiert und präsentiert werden müssen (Fallstudie).

Lernortkooperation Verwaltung – Enge Zusammenarbeit aller Ausbildungsträger

Während sich die Lernortkooperation in den meisten Ausbildungsberufen auf zwei Partner bezieht, weist die Ausbildung zum/zur Verwaltungsfachangestellten eine Besonderheit auf: mit den Kommunalen Studieninstituten (KSI) gibt es einen dritten Ausbildungsträger.

Einmalig in Rheinland-Pfalz wurde 2011 eine Lernortkooperation zwischen einer Berufsbildenden Schule, der BBS 3 Mainz, und einem Kommunalen Studieninstitut, dem KSI Mainz, ins Leben gerufen. Ziel dieses Vertrags ist es, die Ausbildungsbemühungen aller an der beruflichen Bildung beteiligten Träger zu optimieren. (http://www.ksi-mainz.de/fileadmin/pdf/lok-vereinbarung.pdf)

Um eine erfolgreiche Ausbildung der Mitarbeiter im öffentlichen Dienst in einer sich stetig wandelnden Arbeitswelt zu ermöglichen, schafft diese Lernortkooperation den Rahmen für die institutionelle Zusammenarbeit der Ausbildungspartner bei aktiver Einbeziehung der ausbildenden Verwaltungen.

Die Ausbildungsarbeit der beteiligten Träger beginnt mit den Methodentagen als externem Ausbildungsabschnitt. Sowohl die BBS 3 als auch das KSI stellen Unterrichtstage zur Verfügung, die dem neuen Ausbildungsjahrgang den Einstieg in die Berufsausbildung erleichtern soll. Alle Ausbildungsträger sind in diese Orientierungsphase eingebunden, in der die Auszubildenden erste Kenntnisse im Verwaltungsaufbau, im Aufbau der Ausbildung einschließlich der vorgesehenen Prüfungen, im Umgang mit Prüfungsfragen und der Methodik der Rechtsanwendung gemeinsam erwerben – hier ein Einblick aus den Methodentagen in Oberwesel.

Auch im weiteren Ausbildungsverlauf steht die Kommunikation aller Ausbildungsträger im Mittelpunkt. Diese bezieht sich zum einen auf den theoretischen Rahmen, der die Möglichkeit zum fachlichen Austausch und zur Abstimmung der zu vermittelnden Lerninhalte bietet. Zum anderen ermöglicht die Kooperation den einfachen Austausch über Leistungsstand und Lernfortschritt der Auszubildenden. Regelmäßige Ausbildungsleiterrunden, in denen auch die Klassensprecherinnen und Klassensprecher der jeweiligen Verwaltungsklassen ihre Sichtweisen und Wünsche einbringen können, fördern die persönliche Begegnung der Beteiligten und sorgen für eine konstante Weiterentwicklung der Lernortkooperation zum Wohl der Nachwuchskräfte.